03.07.2019 / Agenda Liesing

So kann Generationendialog gehen!

Manfred Car – Ein Abschiedsportrait von Sabine Steinbacher

September 2005:  „Guten Tag, hier spricht Manfred Car, ich bin Professor am Gymnasium Anton-Krieger-Gasse und ich möchte gerne zum Thema Generationendialog mit der Lokalen Agenda in Liesing arbeiten. Ist das möglich?“ Und wie das möglich war! Zwischen 2005 und 2019 entstanden unzählige gemeinsame Projekte. Manfred und ich, wurden quasi alt miteinander. Was ich besonders an Manfred schätze ist, neben seinem Engagement und seinem unermüdlichen Einsatz, dass er immer viele Leute einbinden wollte. Er motivierte die Jugendlichen in der Schule und er konnte immer wieder KollegInnen einbinden. Als die Agenda einen Schwerpunkt in Atzgersdorf hatte, war es gar keine Frage für ihn, kleine Unternehmen vor Ort in die Aktivitäten des Generationendialogs einzubinden. So ergaben sich immer wieder erstaunliche und erfreuliche Synergien.
 
Heuer geht Manfred in den wohlverdienten (Un-)Ruhestand, was ich ihm sehr gönne – aber ich werde ihn und seinen Elan vermissen. In über einem Jahrzehnt Generationendialog entstanden Bücher, Zeitungen, Kalender, die Aktivitäten von Alt-Jung mit Fotomaterial und Texten belegen. Neben den schriftlichen Dokumenten werden viele Eindrücke bei Menschen bleiben, die sich in der einen oder anderen Weise am Prozess des Generationendialogs beteiligt haben. Wir führten auch noch ein abschließendes Gespräch mit Manfred.
 
Was war grundsätzlich für dich das Wichtige am Generationendialog?
Für mich war beeindruckend zu sehen, wie sich beide Seiten, die Jugend und die älteren Menschen an einander erfreuen können. Beide haben unzählige Erfolgserlebnisse: SeniorInnen finden Menschen, die ihnen interessiert zuhören, denen sie etwas aus einer Zeit vermitteln können, die die Jugend nicht erlebt hat. Die jungen Leute werden voll akzeptiert (was in der Schule nicht immer so ist …), sie können den älteren Menschen oft Worte, Lebensweisen oder technische Geräte (Handys, Computer) erklären und fühlen sich dadurch „erwachsen“.
 
Was waren Highlights in über einem Jahrzehnt gemeinsamer Arbeit?
Highlights waren allgemein gemeinsame Auftritte sei es auf der großen Bühne im Haus am Mühlengrund, wo wir mehrmals unsere Projekte mit gemeinsamen Liedern und Musik präsentierten. Es war auch ein Highlight im SeniorInnenclub Line Dance zu lernen und gemeinsam mit den Clubmitgliedern zu tanzen - die Jugendlichen tanzten Hip-Hop & Co. Dann natürlich der Gegenbesuch von BewohnerInnen des Hauses am Mühlengrund in unserer Schule, dem RGORG 23, wo im Festsaal gemeinsam gelesen wurde „Kekse und Texte“ hieß das Projekt. Ein großer Höhepunkt war die Publikation des Hardcover Buches „Spuren des Lebens“ 2011, das auch verschiedene Preise bekam. Die gemeinsame Kunstaktion im öffentlichen Räum mit Gestaltung der S-Bahn Station Atzgersdorf und dann natürlich 2016 die Verbindung der Arbeit mit MigrantInnen, mit Interviews mit SeniorInnen, die auch in einem Buch „Liesinger Leut´“gipfelte. Wir machten Diskussionsrunden, spielten gemeinsam Billard, traten gemeinsam mit der Trommelgruppe vom Haus am Mühlengrund auf, beteiligten uns an vielen Nachbarschaftsfesten im Bezirk. Ein weiteres Highlight war die gute Zusammenarbeit mit dir und der Agenda.
 
Wo siehst du Handlungsbedarf im Bezirk?
Positiv ist, dass es in den Wohnhäusern für SeniorInnen Beauftragte für Arbeit mit Ehrenamtlichen gibt. Dies sind oft ältere Menschen, die etwas Zeit übrig haben. Es sollte ein Weg gefunden werden, auch jüngere Menschen anzuregen, sich „Wahlomis oder-opis!“ zu suchen. Ein Problem ist auch, dass das Durchschnittsalter der BewohnerInnen der Seniorenhäuser immer höher wird und daher der Teil derer, die selbst Aktivitäten setzen immer geringer wird. Umso mehr braucht es aktive BürgerInnen im Bezirk, die den Generationendialog mit unterschiedlichen Aktivitäten fortsetzten.
 
Pension 
Ich sage immer: „Ich war schon in Pension“, da ich viele Jahre mit den Kindern zu Hause war, bzw. den Unterricht unterbrochen und im Ausland studiert und gearbeitet habe. Meine ehrenamtliche Tätigkeit als Gemeindearchivar in Brunn am Gebirge, für die ich vom „Generationendialog“ viel gelernt habe würde meine ganze Zeit füllen, wenn ich keine Familie hätte. Es gibt so vieles festzuhalten, was ZeitzeugInnen erlebt haben. Was an Zeit bleibt, verbringe ich mit meinen vier erwachsenen Kindern, von denen ich auch viel lerne und ich möchte mit Yvonne, meiner Frau auch einige Reisen machen. Dabei versuchen wir immer gleich die Landessprache etwas zu erleben und bei Einheimischen zu leben - das braucht auch viel Zeit! Mit der Schule werden mich noch gelegentlich „Erste Hilfe“ Kurse verbinden, die ich für das Jugendrotkreuz halte.
 
Lieber Manfred, wir, das Team der Agenda in Liesing -
Sabine, Gabriele, Herbert, Gisa, Annemarie, Christina und Marc wünschen dir alles Gute und vielen Dank für dein Engagement!