Nachlese zu Nachhaltig im Gespräch: Stadtgrün in der Hand von Bürger*innen – Kleine Pflanzen, große Wirkung
Nachhaltig im Gespräch: Das nehmen wir mit! Stadtgrün in der Hand von Bürger*innen – Kleine Pflanzen, große Wirkung
Im Rahmen unserer Dialogveranstaltung „Nachhaltig im Gespräch – Visionen für die Zukunft“ am 26. November 2024 widmeten wir uns dem Thema „Stadtgrün in der Hand von Bürger*innen: Kleine Pflanzen, große Wirkung“. Gemeinsam mit Expert*innen, Politiker*innen und engagierten Bürger*innen haben wir diskutiert, welche Rolle Begrünungsprojekte in Wien spielen, welche Herausforderungen sie mit sich bringen und welche Chancen sie für Klimawandelanpassung und Lebensqualität bieten.
Jürgen Preiss (Stadt Wien – Umweltschutz), Gerald Hofer (Verein Lokale Agenda 21), Dietmar Baurecht (Bezirksvorsteher Rudolfsheim-Fünfhaus), Christine Holz (Stadt Wien – Wiener Stadtgärten), Susanne Hartig (Initiative Wiedner Wald), Martina Jauschneg (Landschaftsplanerin) und Ines Otter (Projekt Wiener Klimahimmel) lieferten dabei inspirierende Einblicke in ihre Arbeit. In spannenden Kurzimpulsen, einem interessanten Austausch bei unserem Marktplatz der Ideen und einer lebhaften Gesprächsrunde wurden Erkenntnisse und Perspektiven ausgetauscht, die eines zeigten: Gemeinsam können wir Wiens Straßen noch grüner machen!
Stadtgrün gegen Hitze: Gemeinsam gestalten wir kühlere Lebensräume
Jedes Jahr werden neue Temperaturrekorde gemessen und die Zahl der Hitzetage in Wien steigt stetig. Aufgeheizte Gebäude und Straßen, motorisierter Verkehr und der Einsatz von Klimaanlagen tragen dazu bei, dass die Sommerhitze in der Stadt zunimmt. Das hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Lebensqualität, sondern auch auf die Gesundheit vieler Menschen. Das wirksamste Mittel, um mit diesen veränderten Umständen in Zukunft noch umgehen zu können, ist laut Jürgen Preiss (Stadt Wien – Umweltschutz) eines: Stadtgrün in jeder Form! Vegetation macht in der Stadt – vom Baum bis zur grünen Asphaltspalte – einen massiven Unterschied und kann die Umgebungs- und Oberflächentemperatur um bis zu 40 Grad abkühlen. Zudem zeigen Studien, dass Stadtgrün – auch in kleiner Form – die biologische Vielfalt von Insekten erhöht und somit einen wesentlichen Beitrag zu mehr Natur und Lebensqualität in der Stadt leistet.
Technisch gibt es inzwischen viele Lösungen, um der Hitze entgegenzuwirken, wie Gerald Hofer vom Verein Lokale Agenda 21 in seiner Präsentation erklärt. Dazu gehören mobiles Grün, innovative Bewässerungssysteme, wasserspeichernde Substrate und modulare Lösungen wie das Parklet RONJA, das Stadtgrün direkt in die Straßen Wiens bringt. Auch rechtliche Hürden wurden abgebaut: Bei Häusern in Privateigentum genügt beispielsweise inzwischen ein Mehrheitsbeschluss für Begrünungsmaßnahmen. Best-Practice-Beispiele zeigen, dass es künftig entscheidend sein wird, mehrere Maßnahmen zu kombinieren. Sind in einer Straße Fassaden begrünt, gibt es zusätzlich einige Mikrovorgärten oder auch versickerungsfähige Böden. Für die Stadt der Zukunft bedeutet das: Stadtgrün muss ins Zentrum der Planung rücken. Von hier aus sollten alle weiteren Anforderungen an den öffentlichen Raum gedacht und weiterentwickelt werden.
Stadtgrün schaffen, Stadt neu denken – auf Augenhöhe mit den Menschen
Gerade in Krisenzeiten zeigt sich die immense Bedeutung eines starken sozialen Zusammenhalts. Martina Jauschneg, Landschaftsplanerin und Projektmitarbeiterin in einigen Agendabezirken, hebt hervor, dass Mikrobegrünung durch Bürger*innen nicht nur ökologisches, sondern auch enormes soziales Potenzial bietet. Sie unterstützt Projekte, bei denen sich im Laufe der Zeit Menschen verschiedenster Herkunft treffen und durch gemeinsame Arbeit eine kleine Gemeinschaft bilden. Es ist zudem nachgewiesen, dass Stadtgrün einen „menschlichen Maßstab“ in die Stadt bringt, was positive psychologische Effekte hat. Wenn Menschen direkt an Projekten beteiligt sind, erleben sie zusätzlich die positiven Auswirkungen ihrer eigenen Handlungen – die Erfahrung der Selbstwirksamkeit!
Susanne Hartig, die eine Grätzloase mitbetreibt, beschreibt begeistert, wie sich ihre Nachbarschaftserfahrung in den letzten vier Jahren verändert hat. Beim regelmäßigen Gießen kommen stets Gespräche zustande, und viele Menschen begeistern sich für die Grätzloase und zeigen Interesse an den Pflanzen. So entstanden zahlreiche Bekanntschaften und ein stärkerer Zusammenhalt im Grätzl.
Angesichts der fortschreitenden Klimakrise betont Martina Jauschneg, dass das Tempo der Begrünung in der Stadt deutlich gesteigert werden muss. Dafür sind engagierte Initiativen notwendig, die auf Augenhöhe mit der Stadt arbeiten. Um den Bürger*innen die Arbeit zu erleichtern, unterstreicht Susanne Hartig, dass modulare Grätzloasen wie die neue RONJA sowie Unterstützung für Bewässerungssysteme und hitzeresistente Pflanzen besonders hilfreich wären.
Der Weg zu grüneren Straßen: Was Wien jetzt braucht
Ein wesentlicher Aspekt für die Umsetzung ambitionierter Ziele ist die Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen, etwa in Form von Prozessen, Budgets oder Personal. Dietmar Baurecht, Bezirksvorsteher in Rudolfsheim-Fünfhaus, betont, dass der Verein Lokale Agenda 21 bereits wichtige Hebel geschaffen hat, insbesondere durch Netzwerkarbeit und Kommunikation, die als Grundlage für den Erfolg von Projekten dienen. Aus seinen Erfahrungen weiß er, dass ungeklärte Fragen in einem Vorhaben oft am Ende wieder auftauchen und das Potenzial haben, ein Projekt zu gefährden. Für ihn ist es daher entscheidend, im ständigen Austausch kleine und große Schritte zu machen und möglichst viele Akteur*innen einzubinden. Denn Projekte in der Stadt gelingen nur, wenn die Nachbarschaft aktiv mitwirkt!
Christine Holz, Leiterin für Projektentwicklung bei Wiener Stadtgärten, verweist aus der Verwaltungsperspektive auf die erfolgreiche Umsetzung von Projekten wie dem Aktionsprogramm Grätzloase oder 'Garteln ums Eck' zur Begrünung von Baumscheiben. Sie betont jedoch, dass die Verwaltung bei Projekten, wie Mikrovorgärten oder Parklets auf die Bürger*innen angewiesen ist, da Pflanzen ganzjährig betreut werden müssen. Gerade darum unterstreicht sie, dass Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen nicht ohne die Unterstützung von Bürger*innen funktionieren und dass Impulse für Innovationen auch oft von ihnen kommen.
Ines Otter, vom Wiener Klimahimmel, einem innovativen Projekt zu Mikrobegrünungslösungen, die kühlen und Schatten spenden, hebt hervor, dass die Innovation bei neuen Projekten im „Wie“ liegt. Wie gelingen Projekte? Welche neuen Wege werden eingeschlagen? Welche Stakeholder konnten überzeugt oder eingebunden werden? Ihr Team geht derzeit genau diesen Fragen nach, spricht mit verschiedenen Dienststellen und der Politik. Sie betont ebenso, dass jedes Mikrobegrünungsprojekt standortspezifisch sein muss und die Zusammenarbeit mit Bürger*innen und Stakeholdern vor Ort die Grundlage bildet.
Die Veranstaltung hat eindrucksvoll gezeigt, wie groß das Potenzial von Bürger*innenengagement und innovativen Lösungen für eine grünere und lebenswertere Stadt ist. Gemeinsam gestalten wir Wien klimafit und zukunftsorientiert!
Kontaktdaten der Marktstände der Ideen:
Stadt Wien - Wiener Stadtgärten und Umweltschutz:
- https://www.wien.gv.at/kontakte/ma22/
- https://www.wien.gv.at/kontakte/ma42/
Verein Lokale Agenda 21 Wien:
- la21wien.at
Wiener Klimahimmel - GRÜNSTATTGRAU:
- https://gruenstattgrau.at/news/projekt/wiener-klima-himmel/
Studio LAUT:
- https://laut.studio/
Wohnstraßenverein Kollmayergasse:
- https://wohnstrasse-kollmayergasse.at/
Paradise Found:
- https://paradisefound.at/
Gartenpolylog:
- https://gartenpolylog.org/willkommen-beim-gartenpolylog
greenlab:
- https://www.greenlab.wien/
Grau wird Grün:
- https://www.agendarudolfsheim-fuenfhaus.at/gruppe-detail/ausgrauwirdgruen.html
Zu unseren Kurzimpulsen aus der Praxis von Jürgen Preiss und Gerald Hofer gibt es zwei Youtube-Videos: Klicken Sie dafür oben rechts die beiden Links an!
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Jürgen Preiss: Mikrobegrünung in der Stadt
Gerald Hofer: Stadtgrün der Zukunft
Projekt
Nachhaltig im Gespräch: Visionen für die Zukunft