20.04.2022 / LA 21

MITMACHEN FÜR EIN GUTES KLIMA

Das Wiener Klimateam & der nationale Klimarat

In diesem Jahr stehen zwei große Beteiligungsprojekte zum Thema Klima an. Für die große Frage, wie wir bis 2040 die Klimaneutralität erreichen können, zerbrechen sich nun nicht nur Expert*innen und Politiker*innen den Kopf. Bei dem Wiener Klimateam können Bürger*innen Ideen für ein gutes Klima einbringen und über ihre Umsetzung entscheiden und beim nationalen Klimarat werden von 100 gelosten Bürger*innen Handlungsempfehlungen für eine gerechte Klimapolitik entwickelt. Die beiden Projekte verfolgen mit unterschiedliche Vorgangsweisen das gleiche Ziel und tragen durch das Eröffnen von neuen Räumen zum Mitmachen und zur Mitsprache stark zur Demokratisierung unseres Landes bei.

 

DAS WIENER KLIMATEAM 

In den nächsten zwei Jahren ermöglicht das Wiener Klimateam mit einem Budget von insgesamt 13 Millionen Euro die Umsetzung von sozial gerechten Maßnahmen mit Klimawirkung in sechs Wiener Pionier*innenbezirken. In Zusammenarbeit zwischen Bürger*innen und Expert*innen aus der Verwaltung werden Ideen zu konkreten Projekten entwickelt und direkt umgesetzt. Zu Beginn des Wiener Klimateams gibt es einen Aufruf, bei dem Wiener*innen ihre Ideen für eine klimafitte Zukunft einreichen können. Danach werden in einem ko-kreativen Prozess gemeinsam mit Expert*innen der Stadt Wien konkrete Projekte ausgearbeitet, über deren Umsetzung am Schluss eine repräsentativ geloste Gruppe an Bezirksbewohner*innen im Rahmen einer Bürger*innenjury entscheidet. Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Aktivierung von unterrepräsentierten Gruppen gelegt, wobei insbesondere mit Multiplikator*innen und spezifischen Aktionsschwerpunkten gearbeitet wird.  

Das Wiener Klimateam hat mehrere Ziele. Einerseits geht es um die Umsetzung von notwendigen Umgestaltungsmaßnahmen gemeinsam mit Bürger*innen und damit um die Stärkung der Teilhabe und der sozialen Gerechtigkeit in diesem Bereich. Andererseits wird durch den klaren und kurzen zeitlichen Ablauf die Zusammenarbeit im Wiener Magistrat über Abteilungsgrenzen hinweg gefördert, da zahlreiche Abteilungen und Organisationen beteiligt sind und die erfolgreiche Umsetzung der Projekte eine verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der Stadtverwaltung sowie zwischen der Stadtverwaltung und Bürger*innen zur Folge haben soll.  

Besonderes Augenmerk wird bei dem Wiener Klimateam auf Repräsentativität gelegt, da Beteiligungs- und Partizipationsformate häufig Bevölkerungsgruppen ansprechen, die sich bereits in anderen Bereichen engagieren. Aus diesem Grund gibt es im Rahmen des Wiener Klimateams niederschwellige Möglichkeiten Ideen einzubringen, sowie die repräsentative Losung einer Bürger*innenjury, welche am Ende darüber entscheidet, welche Projekte umgesetzt werden sollen.  

 

DER KLIMARAT DER BÜRGERINNEN UND BÜRGER 

Der „Klimarat der Bürgerinnen und Bürger“ wurde auf Basis des Klimavolksbegehren als eine Maßnahme auf dem Weg zur Klimaneutraliät vom Nationalrat beschlossen. Die Teilnehmer*innen sollen in einem partizipativen Prozess zu sechs Handlungsfeldern diskutieren und schlussendlich konkrete Vorschläge an die Bundesregierung liefern. Die Zusammensetzung der 100 Personen, die im Klimarat sitzen, erfolgte durch Zufallsprinzip durch die Statistik Austria und soll die österreichische Gesamtbevölkerung repräsentieren. Von Jänner bis Juni 2022 wird an sechs Wochenenden mit der Unterstützung eines Expert*innen-Teams an Lösungsvorschlägen zu den Handlungsfeldern Ernährung und Landnutzung, Mobilität, Energie, Produktion/Konsum gearbeitet. Umfangreiche Unterlagen, Beiträge und Zusammenfassungen der Tagungs-Wochenenden sind auf www.klimarat.org abrufbar. Die Ergebnisse sollen Mitte des Jahres 2022 der Bundesregierung übergeben werden.  

Die Transparenz und öffentliche Sichtbarkeit der Ergebnisse soll zur Aufklärung der Gesamtbevölkerung über die Klimakrise beitragen und Zukunftsperspektiven aufzeigen. Die Vorschläge sollen außerdem als Grundlage für politische Entscheidungen dienen, allerdings gibt es keine Verpflichtung zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Klimarates durch die Politik bzw. die Bundesregierung.  

 

DAS WIENER KLIMATEAM UND DER KLIMARAT – ÄHNLICHE GRUNDLAGEN, UNTERSCHIEDLICHE ZIELE 

Das Wiener Klimateam und der Klimarat ähneln sich in ihrer Motivation, das drängende Thema der Klimakrise und der notwendigen Veränderungen als eine Herausforderung zu verstehen, die nur gemeinsam zu bewältigen ist. Daher geht es im Kern darum, Menschen stärker in die Entscheidungen der Politik einzubinden und die Zusammenarbeit und das Verständnis zwischen Politik, Verwaltung und der Zivilgesellschaft zu verbessern. Ebenso zielen beide Programme darauf ab, soziale und ökologische Maßnahmen zusammen zu denken und bemühen sich um Repräsentativität, wobei dies nicht immer im gewünschten Maße möglich ist und daher die spezifischen Aktivierungsmaßnahmen des Wiener Klimateams in diesem Kontext besonders hervorzuheben sind.  

Große Unterschiede gibt es in der Herangehensweise und der Grundidee der Programme. Während das Wiener Klimateam zum Ziel hat, innerhalb eines Jahres konkrete Ideen von Bürger*innen zu sammeln und Bürger*innen über die Umsetzung entscheiden zu lassen, fokussiert der Klimarat auf das Erarbeiten von Empfehlungen zu übergeordneten Themen wie Mobilität, Ernährung und Energie. Durch die Thematisierung großer, oft kontroversiell diskutierter Themen geht es beim Klimarat eher um Lösungsvorschläge in diesen Bereichen, die aber nicht bindend sind und von der Bundesregierung erst aufgenommen werden müssen. Im Gegensatz dazu fokussiert das Wiener Klimateam auf konkrete Ideen auf lokaler Ebene, die Bürger*innen einbringen und über deren Umsetzung sie selbst entscheiden können. Somit haben beide Programme durch ihre Ausrichtung unterschiedliche Ziele und Stärken.  

 

BÜRGER*INNENRÄTE, BÜRGER*INNENJURYS UND DIE LOKALE AGENDA 21 WIEN  

Bürger*innenräte und geloste Bürger*innenjurys sind eine Ergänzung zur repräsentativen Demokratie. So können auch Menschen gehört werden, die sich ohne diese Gremien nicht von sich selbst aus einbringen würden. Durch das Anstoßen von Bürger*innenräten oder gelosten Bürger*innenjurys durch politische Vertreter*innen kann ein konstruktiver Austausch mit der Bevölkerung auf Augenhöhe entstehen, der eine verstärkte Demokratisierung bei der Diskussion großer Zukunftsfragen zur Folge hat.  

Auf lokaler Ebene ermöglicht die Lokale Agenda 21 Wien diesen Brückenschlag mittlerweile seit über 20 Jahren. Im Rahmen von den Lokalen Agenda 21 Plus Prozessen in zwölf Wiener Bezirken werden innovative Formen der Kommunikation und der Zusammenarbeit von Bürger*innen, Politik und Verwaltung im Sinne der Good Governance entwickelt und umgesetzt. Dadurch wurde das Verständnis für demokratische Prozesse und Abläufe gestärkt und nachhaltige Entwicklung auf vielfältige Weise vorangetrieben.  

In den letzten 20 Jahren haben dadurch lokale Beteiligungsformate in Wien Fuß gefasst und sich stetig weiterentwickelt. Daher ist zu begrüßen, dass nun auch auf Bundes- und Landesebene große Partizipationsprojekte umgesetzt werden, die den Geist der lokalen Beteiligung auf diesen Ebenen strukturell verankern. Die angestoßenen Lernprozesse von Politik, Verwaltung und Bürger*innen sind angesichts der Herausforderungen wie der Klimakrise dringend notwendig, denn diese werden wir nur durch Zusammenarbeit und Kooperation und durch das Anpacken von uns allen bewältigen können. Das Wiener Klimateam und der nationale Klimarat sind ein guter Anfang dafür und dienen als Startpunkt für die Verschränkung dieser Angebote auf allen Ebenen – lokal, landesweit und national.