19.12.2018 / LA 21

Europäische Bürgerinitiative: ein Instrument zur Gestaltung Europas

Am Mittwoch, den 12. Dezember 2018 haben das Europäische Parlament und der Rat eine politische Einigung über den Vorschlag der Kommission erzielt, die Europäische Bürgerinitiative zu überarbeiten.

 

Die Europäische Bürgerinitiative wurde mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt und trat am 1. April 2012 mit der Verordnung der Europäischen Bürgerinitiative in Kraft. In der Europäischen Union wurde damit das erste Instrument transnationaler Bürgerbeteiligung Wirklichkeit. Bürger und Bürgerinnen bekamen erstmals ein Mittel in die Hand, um die europäische Agenda aktiv mitzugestalten. In den letzten 6 Jahren haben 9 Millionen Menschen eine Europäische Bürgerinitiative unterstützt.

 

Die Neuerungen der Europäischen Bürgerinitiative

 

Die vorgeschlagene Überarbeitung der bestehenden Verordnung soll den Bürgerinnen und Bürgern die Organisation und Unterstützung von Bürgerinitiativen durch den Einsatz digitaler Systeme und der Aufhebung bürokratischer Hürden erleichtern.

 

Die Kommission wird in Zukunft enger mit den Organisator*innen zusammenarbeiten und die Zulässigkeit ihrer Anträge sicherstellen. So wird den Organisatorinnen und Organisatoren ein kostenloses Online-Sammelsystem für die Datenerfassung zur Verfügung gestellt. Die Kommission wird zudem auch Übersetzungen der Initiativen in allen EU-Sprachen bereitstellen.

 

Um die Einreichungen von Bürgerinitiativen zu erleichtern, wird die Kommission den Umfang der dafür erforderlichen Daten und Unterlagen einschränken. Anstatt der bisher 13 verschiedenen Formulare müssen die Organisator*innen nur mehr zwei verschiedene Formulare für Unterstützungsbekundungen nutzen. Die notwendigen Formulare müssen von den Organisator*innen entweder in Papierform oder online bereitgestellt werden.

 

Mit dem Vorschlag der Kommission wird auch das Mindestalter für Unterstützer*innen von 18 auf 16 Jahre gesenkt. Mit diesem Änderungsvorschlag werden mit einem Mal 10 Millionen potenzielle Unterstützer*innen zur Teilnahme aufgefordert.

 

Welche Schritte sind notwendig?

 

Bürgerinitiativen sind in jedem Bereich möglich, in dem die Kommission befugt ist, Rechtsakte vorzuschlagen, z. B. Umwelt, Landwirtschaft, Verkehr und öffentliche Gesundheit. Ist ein Thema gefunden für das die Europäische Kommission zuständig ist, muss in weiterer Folge ein sogenannter „Bürgerausschuss“ gebildet werden.

 

Dieser Ausschuss besteht aus 7 Bürgerinnen und Bürgern, die in 7 EU-Mitgliedsstaaten leben. Die Mitglieder des „Bürgerausschusses“ müssen EU-Bürger oder EU-Bürgerin sein, die das aktive Wahlrecht bei Wahlen zum EU-Parlament besitzen. Generell gilt: Bürgerinitiativen können nicht von Organisationen geleitet werden.

 

Ist eine Bürgerinitiative formal registriert, dann haben die Organisator*innen ein Jahr Zeit, um 1 Million Unterstützungsbekundungen zu sammeln. Dafür müssen Mindestwerte in mindestens 7 Mitgliedsländern erreicht werden.

 

Mindestzahl von Unterzeichnern pro Mitgliedstaat:
Deutschland:  72.000
Schweden:     15.000
Österreich:     13.500
Dänemark:       9.750
Kroatien:         8.250
Slowenien:      6.000 (um nur ein paar Beispiele zu nennen).

 

Wenn die Initiative 1 Million Unterschriften erhält und die Mindestwerte in mindestens 7 EU-Mitgliedsländern erreicht wurden, wird die Initiative der Kommission vorgelegt. Anschließend prüft die Kommission die Rechtsgrundlage der Initiative (dauert etwa 2 Monate).

 

Innerhalb von 3 Monaten (nach Eingang der Initiative) treffen Vertreter*innen der Kommission die Organisator*innen, damit sie die Initiative näher erläutern können. Zudem haben die Organisator*innen die Möglichkeit, ihre Initiative bei einer öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament vorzustellen. Binnen 3 Monaten nimmt die Kommission öffentlich Stellung zur Initiative und veröffentlicht eine offizielle Antwort, in der sie erläutert, ob und welche Maßnahmen sie als Antwort auf die Bürgerinitiative vorschlägt, und in der sie auch die Gründe für ihre Entscheidung darlegt.

 

Die Reform der Verordnung der Europäischen Bürgerinitiative tritt 2020 in Kraft.

 

Weitere Informationen zur Europäischen Bürgerinitiative:

 

Das Verfahren Schritt für Schritt

 

(c) Martin Wosnitza