08.11.2018 / Agenda Wieden

Europa – ein Demokratieprojekt

Freitag-Abend, Amtshaus Wieden: rund zwanzig Menschen haben sich eingefunden, um mit drei geladenen Podiumsgästen ins Gespräch zu kommen. Sie alle verbindet ein Interesse an der Europäischen Union. Und einige auch die Sorge um deren Zukunft! Wohin entwickelt sich die EU? Wie reagiert sie auf aktuelle politische Entwicklungen? Und wie können BürgerInnen, ausgehend von ihren lokalen Bemühungen für nachhaltige Entwicklung, auf europäischer Ebene mitgestalten? Diese Fragen motivierten die Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“, einen Diskussionsabend der EU zu widmen – passend zu den Wiedner Europatagen 2018.

 

Als EU-Abgeordnete kennt Monika Vana die Abläufe in Brüssel gut. Ihre selbstkritische Einschätzung: es gibt auf jeden Fall Demokratiedefizite, und die Kluft zwischen Brüssel und den EU-BürgerInnen ist zu groß. Vana meinte, dass das EU Parlament „noch kein richtiges Parlament sei“, denn es fehle ihm das Initiativrecht, also dem Recht selbst Gesetzesvorschläge einzubringen. Walter Baier, Koordinator des Bildungs- und Forschungsnetzwerks Transform Europe, sah demokratiepolitisch auch viel Veränderungsbedarf. Er mahnte unter anderem die Notwendigkeit einer demokratischen europäischen Verfassung ein. Auch forderte er mehr Solidarität für die wirtschaftliche Stärkung der östlichen und südlichen EU-Mitglieder, um dem Auseinandertriften der Lebensbedingungen entgegenzuwirken. Katharina Hammer, Referentin der Arbeiterkammer Wien für den Bereich Soziale Stadt, machte auf die ungleiche Repräsentation von Interessen in Brüssel aufmerksam: so gibt es etwa nur 75 Institutionen, die die Rechte von Arbeitenden vertreten, während rund 4.800 Institutionen für Wirtschaftsinteressen lobbyieren.

 

Doch welche Möglichkeiten gibt es nun, sich als BürgerIn einzumischen?

 

1) die Europäische Bürgerinitiative, bei der 1 Million Unterschriften gesammelt werden müssen, damit die EU-Kommission sich dem Thema annimmt

2) Kontakt aufnehmen mit der Europäischen Bürgerbeauftragten, wenn man Beschwerden einbringen bzw. Auskünfte erhalten will

3) alleine oder als Gruppe eine Petition an das EU-Parlament richten

 

Die ReferentInnen waren sich einig, dass die Beteiligungsmöglichkeiten nicht niederschwellig genug sind – so ist z.B. die Grenze von 1 Million Unterschriften für eine Bürgerinitiative sehr hoch und wird selten erreicht. Insgesamt wurde sowohl von BesucherInnen als auch ReferentInnen diskutiert, dass die EU demokratischer werden müsse, und dass sie sich in Richtung einer Sozialunion entwickeln solle, um ein Europa für die Menschen zu werden.

 

Zusätzlich zu den gehaltvollen Diskussionen des Abends bekam die Agenda-Gruppe auch eine spannende Anregung: EU-BürgerInnen können eine geförderte Reise nach Brüssel unternehmen, um die EU-Institutionen kennenzulernen. So etwas lässt sich die Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“ nicht zweimal sagen, und so sind sie schon am Planen ihres Brüssel-Besuchs Ende Februar 2019. Denn eines ist der Agenda-Gruppe klar: lokale Bemühungen im Bezirk für eine nachhaltige Entwicklung müssen auch in Zusammenhang mit dem größeren Ganzen gesehen werden, und dazu gehört eben auch die europäische Ebene.