18.04.2019 / Agenda Wieden

EU – wir kommen zu Besuch! Ein Rückblick auf die Brüssel-Reise der Agenda-Gruppen

Die Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“ engagiert sich seit vielen Jahren für die Wertschätzung Europas. Bei einer Diskussionsveranstaltung vergangenen Herbst entstand die Idee, eine Reise zu den EU-Institutionen in Brüssel zu organisieren. Gesagt, gut vorbereitet, getan: von 25. bis 28. Februar 2019 reisten interessierte Agenda-Aktive nach Brüssel! Organisiert und geleitet wurde die Reise von Peter Degischer von der Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“. Für den Agenda-Blog hat er folgenden Rückblick verfasst:

 

„Wir, eine Gruppe von 24 Menschen, Mitglieder der Wiedner Agenda-Gruppen (KAESCH-Netzwerk für Nachbarschaftshilfe, Begegnung im Freihausviertel, Ankommen auf der Wieden) und von SeniorInnen-Attac, bestiegen am Sonntag-Morgen des 25. Februars den Zug. Bereits am Abend konnten wir den Großen Platz in Brüssel bewundern.

 

Montag vormittags gab uns Frau Michaela Kauer, Leiterin des Verbindungsbüros der Stadt Wien, einen Einblick in ihre Lobby-Arbeit. In Zusammenarbeit mit anderen Großstädten Europas setzt sie sich besonders für die kommunale Daseinsvorsorge ein. Wien ist in Brüssel sehr aktiv für den kommunalen Wohnbau, öffentlichen Verkehr, kommunale Ver- und Entsorgung, auch um EU-Richtlinien nicht nur auf die Interessen profitorientierter Anbieter auszurichten. Wien ist im EU-Regionalausschuss vertreten, der unverbindliche Empfehlungen an die EU-Kommission abgeben kann.

 

Am Nachmittag besuchten wir die ständige Vertretung Österreichs bei der EU. Simon Prammer und Lydia Korinek informierten uns über die Rollen und Aufgaben der 150 MitarbeiterInnen, die für die österreichischen Ministerien hier arbeiten. Die Interessen der nationalen Regierungen dominieren den EU-Rat und blockieren oft Lösungsansätze des EU-Parlaments und der Europäischen Kommission. In der Diskussion wurden auch die Migrationsfragen angesprochen, für die der Europäische Rat der InnenministerInnen der EU-Mitgliedsländer zu keiner Lösung kommt. Jemand stellte z.B. die Frage, wer denn für das Wohl der gesamten EU eintritt? Aus den Gesprächen ergaben sich weitere inhaltliche Fragen: Sind Mehrheitsentscheidungen eine Lösung, wenn sich die unterlegenen Regierungen nicht daran halten? Kann die Bevölkerung der Mitgliedsländer ihre Regierungen zu lösungsorientiertem Handeln veranlassen, denn auf die scheint es anzukommen?

 

Nach den politischen Gesprächen bestaunten wir das winzige Brüssel-Wahrzeichen „Manneken Pis“ und die gotische Kathedrale St. Michel mit ihren großartigen Glasfenstern. Wir ließen den Tag gemütlich ausklingen: Einige der berühmten belgischen Biere wurden gekostet, Muscheln oder Carbonade und als Dessert Waffeln mit Sirup genossen. Am Heimweg kamen wir noch zum Schluss, dass die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien jedenfalls benutzerfreundlicher als in Brüssel sind!

 

Am Dienstag ging es zum EU-Parlament, wo wir über die alphabetische Sitzordnung in den Fraktionen, den Dolmetsch-Aufwand für die 24 offiziellen Sprachen der EU (Genaueres auf http://europa.eu) und die Arbeitsweise des EU-Parlaments erfuhren. Die Abgeordneten Monika Vana (Grüne), Angelika Mlinar (NEOS), Othmar Karas (ÖVP) und Michael Cramer (Grüne-Berlin) berichteten über die fachspezifische Zusammenarbeit in den Parlamentsausschüssen über Länder- und Parteigrenzen hinweg. Im Speziellen gaben sie Einblick in Ihre Schwerpunkte: Sozialfragen, Frauenförderung, Bankenregelungen, Verkehrsordnung und Ökologie. In den Ausschüssen werden Kommissionsvorschläge diskutiert und zahlreiche Resolutionen erarbeitet. Dabei scheint es, dass die EU am ehesten als Ganzes betrachtet wird. Die Arbeitswoche (Montag – Donnerstag) der Abgeordneten in Brüssel scheint für alle Fraktionen (nur die Rechten halten sich bei der Mitarbeit in den Ausschüssen auffallend zurück) sehr intensiv zu sein. Freitag bis Sonntag heißt es dann für die Abgeordneten, im jeweiligen Heimatland ihre Arbeit im EU-Parlament zu vermitteln und zu vertreten.

 

Eine abschließende Führung durch das eindrucksvoll gestaltete Haus der Europäischen Geschichte führte uns vor Augen, was seit dem Zweiten Weltkrieg alles geschah, das Europa oft überraschend verändert hat. Am Abend ging es mit dem Nachtzug nach Wien und voller neuer Eindrücke diskutierten wir weiter: Welche Ereignisse könnten künftig Europa verändern und wie? Welche Rolle spielen wir, die EU-BürgerInnen als WählerInnen für das EU-Parlament? Aber auch für das nationale Parlament, das die Regierung ernennt, die im EU-Rat mitbestimmt?

Zurück in Wien nahmen wir dankend den Zuschuss für die Reise entgegen, den die Verwaltung des EU-Parlaments bereits nach einigen Tagen überwies.“

 

Mit vielen schönen Fotos und spannenden inhaltlichen Details gestaltete die Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“ und ihre Mitreisenden am 25. März einen Abend im Amtshaus Wieden. Reisende und Interessierte fanden sich ein, um über Reise-Anekdoten zu schmunzeln, aber auch um über die Mitgestaltung und Zukunft Europas zu diskutieren. Eine Erkenntnis stand dabei im Mittelpunkt: „die EU“ gibt es nicht, sondern es gibt uns, als EU-BürgerInnen. Wir wählen die EU-ParlamentarierInnen und die nationalen Regierungen, die (gemeinsam) die Geschicke der EU gestalten.